Unsere letzte große Route führt von Bali auf die Seychellen. Da dieser Flug stets einen Umstieg in Doha (Katar) beinhaltet, hatten wir die Idee, uns diese Stadt wenigstens kurz anzusehen und planten deswegen unseren Weiterflug erst 34 Stunden später.
Somit kamen wir Sonntag Nachmittag in Doha an, kulinarisch vorbereitet durch die Wahl von Mezze und Makbous mit Daqoos (arabisches Reisgericht mit Tomatensoße, superlecker). Einer der Vorteile der vorderen Sitzreihen im Flieger ist, dass man sehr schnell aussteigen kann. Also flott aus dem Flieger, kurze Orientierung (Transit rechts, Einreise links), gerade noch einen Zug zum anderen Terminal erwischt und schon stehen wir am Einreiseschalter, wo uns die Dame noch dringend die Sonnencreme wegen der UV-Strahlung empfiehlt. Wir erreichen als erstes das Gepäckband und nur Sekunden später kommen unsere Taschen herbei. Unsere Gepäckstücke sehen ein wenig verloren aus und wir in der Halle vermutlich auch. Erste Lerneinheit: umsonst beeilt. Außer uns sind sowieso keine Doha-Touristen da, alle anderen Passagiere sind wohl Richtung Transit abgebogen…
Vom Flughafengebäude bis zum Taxi sind es nur wenige Meter, aber die Hitze ist unglaublich. Von Bali gemütliche 30 Grade gewöhnt, hat es in Doha mitten am Nachmittag 12 Grad mehr, die Luft flirrt. Im Hotel ruhen wir uns erst einmal aus, doch dann packt uns doch wieder die Abenteuerlust und wir ziehen los (im klimatisierten Taxi), um einen ersten Eindruck von der abendlichen Stadt zu bekommen und gleich mal das luxuriöseste Einkaufszentrum anzusehen. Die Al Hazm Mall wurde 2017 eröffnet und der im italienischen Stil gehaltene Bau verschlang 820 Millionen Dollar. Da im Einkaufszentrum an diesem Tag eine Modeausstellung stattfindet (die sog. Zinatha), sind Teile davon – zumindest für meinen männlichen Reisepartner – nicht zugänglich und da ich mich selbst definitv falsch angezogen und finanziell falsch angesiedelt fühle, beschränken wir uns auf einen kleinen Bummel. Die Architektur ist atemberaubend, die Ausstattung der Läden unvergleichlich. Allerdings betreten wir keinen einzigen Laden. Kennt ihr das? Je teurer die Produkte, desto weniger in der Auslage und nirgends Preise zu sehen – und schon weiß man, dass der eigene Geldbeutel da nicht mitmacht. Es ist wenig Laufpublikum unterwegs, aber das Make-Up, der Schmuck und Schuhe, die ich bei den Damen erkennen kann macht eines klar: hier wird in einer anderen Liga gespielt. Egal, schauen macht auch Spaß.




Zurück im Hotel lese ich noch ein paar Katar-Infos durch, um mich auf die Stadtführung am Montag vorzubereiten.
Katar gilt als reichstes Land der Erde. Erdöl- und Erdgasvorkommen verhalfen der geringen Bevölkerung zu hohem Wohlstand. Bis zur Entdeckung und Gewinnung der Vorkommen gab es im Wesentlichen zwei Bevölkerungsgruppen: die Beduinen, die im Landesinneren mit ihren Kamelen autark von Oase zu Oase zogen sowie die Fischer, die in festen Häusern an der Küste lebten. Dazu noch ein paar Perlentaucher, denen nach der Erfindung der Zuchtperlen auch keine großen Gewinne mehr beschieden waren. Heute hat Katar etwa 3 Millionen Einwohner, allerdings sind nur ca. 15% davon echte Katari. Die anderen 85% sind Menschen, die sich mit einem Arbeitsvisum dort aufhalten. Da die meisten dieser Berufstätigen Männer sind, ist Katar heute der Staat mit dem weltweit geringsten Anteil an Frauen, gerade mal ein Viertel der Gesamtbevölkerung! Die Staatsreligion ist der Islam.
Am Montag um 8 Uhr morgens treffen wir unseren Führer, einen Pakistani. Er wurde von der katarischen Regierung geschult und zertifiziert und lebt seit 6 Jahren in Doha. Wir dürfen ihn ohne Einschränkung alles fragen und er achtet in den nächsten Stunden sehr darauf, dass wir so kurze Laufwege wie möglich haben und hat in seinem Auto viele Wasserflaschen, mit denen er uns versorgt.
Als erstes steuern wir den Souq Waqif an, einen traditionellen Markt in Doha, eigentlich eher ein ganzes Marktgelände. Wir betreten einen ersten Laden und sehen… Falken! Das traditionelle Haustier kann dort käuflich erworben werden oder auch zur Aufbewahrung abgegeben werden, wenn man sich bspw. auf Urlaubsreise befindet. Ich fühle mich wie im Märchen, als ich einen Falken halten darf und ich auch noch streichele (sehr weiche Federn). Preislich gesehen wie ein Mittelklassewagen, ich halte gerade eben 45.000 Dollar auf der Hand (es geht aber auch deutlich höher). Gegenüber das Falkenkrankenhaus, wo es u.a. eine eigene Station für die Behandlung gebrochener oder beschädigter Federn gibt.



Ein kleines Stück weiter befinden sich die Stallungen, wo die Pferde und Kamele der Regierung gehalten werden. Die Tiere werden regelmäßig bewegt und später sehen wir die Kamele beim Rundgang vor dem Parlamentsgebäude.


Als nächstes betreten wir ein Gewürzgeschäft. Curry, Zimt, Koriander, Pfeffersorten, alles angeboten in offenen Säcken und ich darf auch probieren. Wir erstehen eine Tüte mit verschiedensten Dattelsorten und gehen weiter in ein traditionelles Kaffeehaus. Auf den Tischen steht ein traditionelles Brettspiel „Al Daman“. Wir bekommen die Regeln erklärt, arabischen Kaffee serviert (mit Kardamon) und schon sitzen wir bei einer Partie gegenüber – und schenken uns gegenseitig nichts. Die anderen (ausschließlich männlichen) Gäste des Cafes nehmen keine Notiz von uns, sie sind mit ihren eigenen Spielen beschäftigt. Ist übrigens ganz interessant: erstens sehe ich außer uns nicht einen einzigen weiteren Tourist (die Hochsaison scheint von Dezember bis März zu sein, wenn Kreuzfahrtschiffe anlegen). Zweitens fühle ich mich überhaupt nicht unwohl, obwohl ich das einzige weibliche Wesen auf dem Markt bin und in meiner (ganz dezenten) schwarzen Hose (kniebedeckend, nicht zu eng) und dem schwarzen T-Shirt (schulterbedeckend, nicht zu eng) 100 Meter gegen den Wind als Ausländerin erkennbar bin. Die Religion verbietet es, mich direkt anzusprechen und Berührung geht gar nicht. Davon kann man auf dem Markt in Istanbul nur träumen, oder?






Aber die Zeit drängt und schweren Herzens verabschiede ich mich vom Markt. Was könnte man mit Zeit und einem leeren Koffer hier alles erstehen!
Die nächsten Sehenswürdigkeiten rauschen wie ein Meer von Farben und Formen an mir vorbei: Glasskulpturen wie Wüstenblumen geformt, ein öffentlicher Platz mit Bodenkühlung, bei dem die kühle Luft im Vorübergehen den Körper von unten umweht, ein Veranstaltungsforum für 5.000 Leute im Stil eines römischen Amphitheaters, wo von der Mitte der Bühne jedes gesprochene Wort noch in der hintersten Sitzreihe verstanden werden kann. Ein Museum errichtet analog zu einer in der Wüste vorkommenden Gesteinsformation; Hochhäuser, von denen keines dem anderen ähnelt, Strände und jede Menge Dattelpalmen. Und über allem hängt der Duft des allgegenwärtigen OUD. Hierbei handelt es sich um das Harz des Adlerholzbaumes, das überall Verwendung findet: in Parfüms, Ölen, aber vor allem wird es auf kleinen Schalen verbrannt und verströmt so einen einzigartigen Duft.











Die Temperatur steigt, meine Aufnahmefähigkeit lässt nach und von dem Katara Village, einem kulturellen Komplex bekomme ich nur noch wenig mit – ich suche nur noch nach Schatten. Lediglich die Katara-Moschee, die von einer Frau erbaut wurde und in wunderschönen blauen und goldenen Farben schillert sowie den daneben liegenden traditionellen Taubenturm (so eine Art frühes Postamt) kann ich mir noch merken.


Vor unserem nächsten Programmpunkt – einer Fahrt in der Bucht von Doha auf einer Dhau (traditionelles Schiff) graut mir fast ein wenig, da es dort defintiv keine Klimaanlage gibt.
Aber wie so oft entpuppt sich das Vorhaben als sehr gelungen: wir sitzen im Schatten, es weht zumindest ein laues Lüftchen und wir unterhalten uns mit einem anderen Pärchen (aus der Dominikanischen Republik bzw. Jamaika), die genauso mit der Temperatur kämpfen wie ich.

Zum Abschluß unserer Stadtführung besuchen wir einen letzten sehenswerten Ort: den Nachbau der Rialto-Brücke. Als ich das Bauwerk sehe (und da ich das Original ganz gut kenne), muß ich erst einmal herzhaft lachen. Na ja, irgendwo gibt es eine Ähnlichkeit in der Form, das war es dann aber auch. Sehenswert ist mit Sicherheit das ganze umliegende Viertel: im italienisch/venezianischen Stil gebaut (auch wenn die Farbgebung etwas abweicht), wohnen hier vor allem europäische Ausländer. Die Tour endet mit einem Blick auf die Katara Towers, die ein 5-Sterne und ein 6-Sterne Hotel beherbergen und zur Fußball WM 2022 eröffnet wurden.


Im dortigen Umfeld wird eifrig gebaut – in Doha plant und denkt man für die Zukunft.
Weil wir unsere Energien doch noch nicht ganz aufgebraucht haben, lassen wir uns von unserem Stadtführer in einem „normalen“ Einkaufszentrum absetzen. Es ist wunderbar gekühlt und zum ersten Mal treffen wir auf mehr Leute, darunter auch einige Europäer. Wir begutachten Auslagen und gehen auch in das ein oder andere Geschäft (die Artikel sind mit Preisen versehen). Wir essen dort und erstehen ganz am Schluß tatsächlich noch ein Glas mit Oud, da können wir nicht widerstehen.

Am frühen Abend sind wir wieder im Hotel und nach einer erfrischenden Dusche und einem kleinen Nickerchen checken wir um Mitternacht aus und fahren zum Flughafen, denn unser Flieger Richtung Seychellen geht kurz vor drei Uhr – ein Nachtflugverbot gibt es nicht.
Fazit: die Hitze ist problematisch, aber der stopover hat sich so etwas von gelohnt, wir haben viel gesehen, noch mehr gelernt und würden dort auch noch einmal verweilen.