Geburtstag in Tokio
An meinem Geburtstag am 2.5. starteten wir den Tag mit einem guten indischen Frühstück: Gemüsecurry, Butter Chicken und Nan Brot. Vormittags war natürlich wieder Kultur angesagt darüber berichtet Thorsten aber in seinem Artikel (Japan für Fortgeschrittene). Nach dem kulturellen Teil des Tages kam der eher unterhaltsame…
Wir hatten uns für eine traditionelle Teezeremonie angemeldet. Insgesamt 5 Paare (Australien, Mexiko, Italien, Deutschland, England) wurden sehr freundlich empfangen und dann – nach Geschlechtern getrennt – in die Umkleideräume geleitet, denn während der Zeremonie trägt Mann/Frau Kimono!
Wir zogen als erstes Schuhe und Socken aus und schlüpften in die weißen Zehensocken. Das wichtige Zubehör (Handy, Taschentücher) legt man in den bunten Beutel.
Dann bekam man eine Art weißen dünnen Mantel gereicht, dabei handelt es sich um das Unterkleid. In der Kabine zieht man sich bis auf die Unterwäsche aus, stopft seine Kleidung in den schwarzen Beutel und zieht sich den weißen Mantel über. Und dann sucht man sich einen Kimono aus!


Jetzt kommt der schwierigste Teil: man wird auf Figur gebracht. Das heißt in Japan: sämtliche Kurven müssen verschwinden. Da werden dann Schnüre über die Brust gebunden, steife breite Binden um die Taille gewickelt und das Ganze in Form (also vorne platt, hinten platt und geradeaus von oben nach unten) gebracht. Erst wenn alles fertig ist, zieht man den eigentlichen Kimono über. Dann noch schnell eine weitere Binde um die Taille, danach ein breiter Gürtel, der hinten zur Schleife (da gibt es mehrere Formen) gebunden wird. Man fühlt sich wie eine Mischung aus Presswurst und Geschenkverpackung. Die steifen Binden halten einen sehr aufrecht und aufgrund des vielen Stoffs kann man nur noch elegant tippeln.


Dann wird man frisiert. Welliges europäisches Haar wird üppig besprüht (mit was weiß niemand), straff gebürstet und mit Gummis und Haarklammern fixiert, geflochten und hochgesteckt. Dann noch Blumen, Glitzerspangen oder Perlen ins Haar – fertig! Fotos durfte man im Umkleideraum nicht machen aber glaubt mir, wir Mädels hatten Spaß! Danach trafen wir mit unseren Männern zusammen und ich muß zugeben, sie sahen schon alle sehr würdig aus. Fotos schießen war natürlich erlaubt und wir haben die Einmaligkeit dieses Moments sehr genossen.
Danach kam der formelle Teil, die Teezeremonie. Wir saßen in einem vorbereiteten klassisch japanischen Raum (abgetrennt durch die traditionellen Schiebetüren) auf den Tatamis (Grasmatten) am Boden (toll bei Knie- oder Hüftbeschwerden) und dann folgte durch unsere „Lehrerin“ eine umfassende Erklärung der Vorbereitung und Zubereitung von Matcha-Tee. Im Anschluß daran durften wir unter ihren strengen Augen unseren eigenen Matcha korrekt zubereiten und auch trinken, dazu gab es zwei typischen regionale Süßigkeiten, eine aus Zucker, die andere aus Teig mit Bohnenpaste gefüllt.
Nach der Teezeremonie mussten wir unsere Kimonos wieder ausziehen. Ganz ehrlich: jedes Dirndl ist bequemer! Aber insgesamt war es ein so wunderschönes und einmaliges Erlebnis, ich hätte es nicht missen mögen…




Mittlerweile war es Nachmittag und somit Zeit für ein Geburtstags-Kaffeetrinken. Es gibt in Japan diverse Motto-Cafes, ich hatte mir ein ganz bestimmtes Erlebnis gewünscht: den Besuch in einem Maid-Cafe. Das sind Cafes, in denen junge Frauen (ist wohl oft ein Nebenjob für Studentinnen) so eine Art französische Dienstmädchen Uniform in kurz aus dem 19. Jahrhundert tragen, dazu diverse Accessoires wie bspw. Plüschtierchen, gerüschte Bändchen, Plastikschmuck. Es gibt aber auch gefärbte Haare, Vampirzähne oder ähnlich. Im wesentlichen geht es darum, dass in den Cafes der Kunde König ist und er sich superwohl fühlen soll. Körperkontakt ist streng untersagt, aber die Maids können gegen Bezahlung auch singen, tanzen, oder mit dem Gast angesagte Computerspiele spielen. Dazu gibt es viele Gesten (mit den Händen Herzen machen oder so) und Kommunikation (die wir leider größtenteils nicht verstanden haben), z.B. ruft man die Bedienung mit „moy moy“ (was wohl aus der Welt der Anime kommt).


Was soll ich sagen: unsere Gefühlswelt schwankte von Fassungslosigkeit zu unbändigem Lachen, Ungläubigkeit, Amusement, da war wirklich viel dabei. Wir bekamen plüschige Häschenohren aufgesetzt, ich bekam ein extra Dessert (weil ich doch Geburtstag hatte), wir hatten bunte Knicklichter und es gab Gesang und Tanz. Und glaubt nicht, dass wir die einzigen waren! Da waren zwar mehr Männer als Frauen, aber auch Pärchen, Familien und alles. Und es gibt VIELE dieser Maid Cafes. Bis heute weiß ich nicht so genau, was ich davon halten soll und würde mich zu gerne mit Japanern über dieses Phänomen unterhalten…
Dann bummelten wir noch weiter durch das Unterhaltungsviertel (Akahibara), hier reiht sich auch ein Spielautomatencenter neben den anderen. In der Regel sind unten die billigen Automaten, wo man 100 bis 500 Yen investiert und dann – bei erfolgreichem Zugriff mit einem Krakenarm – irgendein „Plastikklump“ erwischt. In den höheren Stockwerken steigen die Preise, aber auch der Wert der Gewinne (angesagt Anime oder Manga Figuren) bis hin zu Video und VR Spielen. Es ist laut, bunt, voll von Menschen und Neonreklamen.



Nachdem auch wir jeder einen Preis erbeutet haben (Moni einen Schlüsselanhänger in Form einer Edamame-Schote, Thorsten eine Katze im Overall), gehen wir noch einen Happen essen. Bestellung am Laptop am Tisch, Gericht (roh) an der Theke abholen, dann Zubereitung am gasbetriebenen Tischgrill.
Lecker wars auf jeden Fall und eines auch ganz sicher: ein einmaliger Geburtstag!